Nach 70.843 Minuten in Grün-Weiß: Letzter Vorhang für vier Engerser Fußball-Legenden
Freitagabend gegen Mechtersheim: FVE verabschiedet Kapitän Yannik Finkenbusch, Daniel Fiege, Christopher Freisberg und Lukas Klappert – Große Kulisse erwartet
Engers. Es geht noch um etwas, wenn der FV Engers am kommenden Freitagabend (26. Mai, 19:30 Uhr) auf den TuS Mechtersheim trifft: Zum einen winkt bei einem Sieg im letzten Saisonspiel Platz 4 – und der FVE nie besser war in seiner Vereinsgeschichte. Vor allem aber wollen die „Jungs vom Wasserturm“ vier ihrer Mitspieler würdig in den sportlichen Ruhestand schicken. Vier Mitspieler, die in den vergangenen Jahren das Gesicht des Vereins geprägt haben und zu echten Engerser Fußball-Legenden geworden sind: Yannik Finkenbusch, Daniel Fiege, Christopher Freisberg und Lukas Klappert. Zusammen haben sie 70.843 Pflichtspiel-Minuten lang das grün-weiße Trikot getragen. Umgerechnet: 1181 Stunden oder 49 Tage.
„Überragende Jungs. Absolute Gewinner, die immer nach vorn wollten und zusammen viel erreicht haben. Sie haben uns und mich geprägt und werden immer einen Platz in meinem Herzen haben. Solche Jungs hast Du nicht immer“, schwärmt Coach Sascha Watzlawik und appelliert an alle Fußballfreunde aus der Region, beim letzten Spiel dieses Quartetts für eine würdige Zuschauerkulisse zu sorgen.
„Sie haben sich das verdient“, findet auch Vereinschef Martin Hahn, der daran erinnert, dass die vier Männer für den Ansatz des Clubs stehen, in Engers die besten Neuwieder Spieler aus Stadt und Kreis zusammenzubringen und so regionale Identifikation zu erzeugen. Fiege ist praktisch neben dem Platz aufgewachsen, auch Finkenbusch und Klappert sind gebürtige Neuwieder, haben beim SV Feldkirchen beziehungsweise dem VfL Oberbieber Fußballspielen gelernt. Einzig Freisberg hat in der Jugend bei der SpVgg Wirges gekickt, beendet nun aber seine insgesamt zehnte Saison am Wasserturm.
Fiege, Freisberg, Klappert und Kapitän Finkenbusch stehen damit für die sportliche Erfolgsgeschichte des FVE in den vergangenen Jahren. Sie alle haben am Wasserturm noch in der Rheinliga gespielt, dort Meisterschaft und Aufstieg gefeiert und den Verein in der Folge in der Spitzengruppe der Oberliga etabliert. Unvergessen bleiben natürlich die beiden Siege im Rheinlandpokal. „Das Gefühl war unbeschreiblich. Wir haben in der Kabine nachher zentimeterhoch im Bier gestanden“, erinnert sich Lukas Klappert, und Yannik Finkenbusch scherzt, „dass wir uns da wirklich in Koblenz bedanken müssen, dass sie uns hinterher keine Rechnung geschickt haben“.
Als Lohn durften die Engerser stattdessen im DFB-Pokal spielen. Besonders die Partie in Bochum bleibt für alle unvergessen. Zwar waren Corona-bedingt keine Zuschauer in Stadion, aber das Drumherum war einmalig. „Das war ein Erlebnis. Wir haben ein Wochenende lang wie Vollprofis leben können“, erzählt Christopher Freisberg und schiebt nach, dass es aber für ihn auch auf dem Platz der Höhepunkt schlechthin war. „Auf meiner Seite hat Gerrit Holtmann gespielt, und ich wusste ja, dass er nicht der langsamste ist. Aber dafür hatten wir ihn als Mannschaft dann doch ganz gut im Griff“, erzählt er mit einem verschmitzten Grinsen.
Für Daniel Fiege war dagegen der Hype, den die vielen Bochumer Fans um seinen – zufällig mit einer örtlichen Brauerei identischen – Namen gemacht haben, etwas ganz besonderes. „Das war schon lustig, wie sie mich gefeiert haben und wie begehrt mein Trikot war“, erzählt er, dessen Herz sonst eigentlich ganz entschieden für den 1. FC Köln schlägt.
Um die Zukunft des Vereins ist dem Quartett trotz des anstehenden Umbruchs nicht bange. „Der Verein ist immer professioneller geworden. Hier entsteht etwas. Da muss man sich nur den aktuellen Vereinsheim-Bau ansehen“, sagt Kapitän Finkenbusch und unterstreicht gleichzeitig, dass die besondere Atmosphäre geblieben ist. „Das Drumherum in Engers stimmt einfach, allein die Leute, die uns überallhin begleiten: Udo Prangenberg, Heinz Keuler, Kalle Pieper, Marcel Lucas, Dominik Homberg und viele mehr. Ich darf eigentlich gar keine einzelnen Namen nennen, weil es so viele sind. Es ist in jedem Fall sehr familiär“, hält er fest. Und auch Lukas Klappert findet, „dass der Vorstand schon einiges richtig macht“ „Der Verein ist Jahr für Jahr besser geworden und auf einem sehr guten Weg“, fasst er zusammen.
Die „Einzelkritiken“
Yannik Finkenbusch:
Yannik Finkenbusch spielt seit 2016 für den FV Engers. In 195 Rheinlandliga- und Oberliga-Spielen sowie Pokalspielen für die Grün-Weißen. 2018 löste er Maria Kneuper als Kapitän des Teams ab und blieb es bis heute. „Finke ist ein überragender Fußballer, einer der besten, die ich in der Oberliga sehen durfte und einer, der in jungen Jahren durchaus höher hätte spielen können. Aber ihm waren auch Familie und Freunde wichtig, er hat sein berufliches Fortkommen nicht aus dem Blick verloren. Für uns war er ein absoluter Führungsspieler, der in der Mannschaft immer sehr beliebt war. Er ist als offensiver Außen zu uns gekommen und hat sich zur zentralen Figur entwickelt. Finke hat das Tempo auf dem Platz vorgegeben. Schade ist, dass er bei den beiden Pokalfinals verletzt war. Aber auch da hat er nie ausgegeben. Gerade auf dem Weg zum zweiten Pokalsieg hat er uns mit seinem absoluten Willen getragen. Er hat sich zum DFB-Pokal-Spiel gegen Bielefeld wieder herangekämpft. Dass er dann auf mich sauer war, weil er nur 30 Minuten spielen durfte, zeigt auch im positiven Sinn seinen Charakter. Finke ist menschlich eine Rakete. Es war mir eine absolute Ehre, ihn trainieren zu dürfen“, lobt Trainer Sascha Watzlawik.
Christopher Freisberg:
Christopher Freisberg spielt seit 2013 in Engers und hat 262 Spiele in Rheinland- und Oberliga und Pokalspielen für den Verein absolviert. Mit einem seiner gefürchteten langen Einwürfe bereitete er das entscheidende 1:0 im Pokalfinale gegen Karbach vor. „Freisi war immer eine absolute Bank. Mister Zuverlässig. Er war einer meiner ersten Transfers als Trainer und hat sich – zunächst als Stürmer gekommen – mit seiner Geschwindigkeit und seinen brachialen Einwürfen zu einem der besten Außenverteidiger der Oberliga entwickelt. Freisi hat immer 100 Prozent gegeben, auch im Training und war gleichzeitig als Typ sehr, sehr angenehm. Er hat die FV Engers-DNA verkörpert“, sagt Coach
Sascha Watzlawik.
Daniel Fiege:
Daniel Fiege hat schon in der Jugend beim FV Engers gespielt und – trainiert von Vater Heinz Fiege – den Rheinlandpokal gewonnen und die Vize-Südwestmeisterschaft gefeiert. Nach drei Jahren beim 1. FC Köln in der U17/U19-Bundesliga kehrte er 2009 zum FV Engers zurück. Für den Verein absolvierte er 337 Spiele und erlebte alle Höhen und Tiefen. Er ging – trotz anderer Angebote – den bitteren Gang in die Bezirksliga mit und feiert die Aufstiege in die Rheinland- und die Oberliga sowie die beiden Rheinland-Pokalsiege. Der vielseitig einsetzbare Abwehrspieler sah in seiner Karriere lediglich sieben gelbe und eine gelb-rote Karte. „Danny ist der Ur-Engerser schlechthin und ein Gesicht des Vereins. Er hat sich immer reingehangen und den Fußball gelebt wie ein Profi. Ein absolutes Vorbild und ein sehr guter Fußballer, der auf vielen Positionen spielen kann. Ein wirklicher Allrounder, auf den ich immer zählen konnte“, fasst Trainer Sascha Watzlawik zusammen.
Lukas Klappert:
Lukas Klappert ist gebürtiger Neuwieder, wechselte aber schon in der Jugend vom VfL Oberbieber zur TuS Koblenz, für die er später im Seniorenbereich auch in der Regionalliga zum Einsatz kam. Seit 2018 hat er 106 Spiele für den FV Engers absolviert. Er war zuletzt 2. Kapitän der Mannschaft,. „Lukas ist ein ganz wichtiger Baustein in der Abwehr. Er bringt das ganze Paket mit: sehr guter Spielaufbau, sehr gute Zweikampfführung, starkes Kopfballspiel. Außerdem ist er sehr spielintelligent. Er kann ein Spiel lesen und macht sich Gedanken, was man ändern kann. Wir waren darüber oft im Austausch und haben Sachen zusammen entwickelt. Lukas ist ein schwer zu ersetzender Führungsspieler, der auch als Typ für uns sehr wichtig war“, sagt Coach Sascha Watzlawik.
Ein Beitrag von Ulf Steffenfauseweh
Danke für den brillanten Nachruf und den fairen objektiven Artikel! Dirk Leiste